…und weg von der Stellvertreterpolitik – nur so
ist die Linke noch zu retten
Schon
Karl Marx und Friedrich Engels wussten es: »Unterdrücker und Unterdrückte
standen in stetem Gegensatz zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald
versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedes Mal mit einer
revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem
gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen.« Was die beiden vor über 150
Jahren im Kommunistischen Manifest formulierten, halten wir bis heute für gültig
und wollen deshalb – ganz unbescheiden – die Klassengesellschaft, den
Kapitalismus, überwinden.
SDAJ-Kampagne
Wir als
revolutionäre Jugendorganisation verfolgen auf allen diesen Gebieten den
gleichen Ansatz: Schüler, Azubis und junge Arbeiter für ihre eigenen Interessen
in Bewegung bringen und in der konkreten Auseinandersetzung den grundlegenden
Widerspruch von Kapital und Arbeit, den Klassencharakter dieser Gesellschaft,
offenlegen.
Für uns
bedeutet das, an die konkreten Erfahrungen und Problemen der Jugendlichen
anzuknüpfen. Statt aus dem Elfenbeinturm die Wahrheit über »das System« zu
verkünden und damit am Bewusstseinsstand der Menschen in diesem Land
vorbeizureden, gilt es, in der alltäglichen Arbeit den Klassengegensatz
aufzuzeigen – an kaputten Kloschüsseln in der Schule, den nicht erstatteten
Arbeitsmaterialien im Betrieb oder dem Werbeflyer der Bundeswehr.
Wenn also
Auszubildende beim Krankenhauskonzern Vivantes in Berlin ihre miesen
Ausbildungsbedingungen öffentlich skandalisieren, wenn vor einem Leipziger
Callcenter ein fiktiver Sklavenmarkt mit Beteiligung von Beschäftigten
stattfindet oder wenn in München eine Jubeldemo darauf hinweist, dass der
Siemens-Konzern 5,5 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat und gleichzeitig 10.000
Stellen streichen will – dann ist das Klassenkampf. Wenn dabei klarwird, dass
das keine bedauerlichen Einzelfälle sind, sondern, dass dahinter System steckt
– dann hat die revolutionäre Linke ihren Job gemacht.
Diese
Beispiele stammen aus der SDAJ-Kampagne »Unsere Zukunft statt eure Profite!«
aus dem Jahr 2014. Wir sind sicher nicht die einzigen, die so etwas machen.
Aber wenn es viel mehr wären, stünden wir heute als Linke insgesamt besser da.
Jugendlichen
in der Ausbildung versuchen wir, an ihrer eigenen Situation den
Interessengegensatz zu ihrem Chef und der Konzernleitung aufzuzeigen, und wir
versuchen, mit ihnen gemeinsame Erfahrungen im praktischen Klassenkampf zu
machen. Doch die Zustände erscheinen häufig als individuelle Probleme, als
unveränderbar, als Einzelfälle ohne Gesamtzusammenhang. Dazu tragen leider auch
allzuoft linke Betriebsräte und Parteien bei, die für andere verhandeln, statt
mit ihnen zu kämpfen.
Nur in
eigenen Auseinandersetzungen schließen sich die Menschen zusammen und stoßen
auf Interessenkonflikte – ein Ansatz für weitere Debatten und eine inhaltliche
Auseinandersetzung.
Die
Parlamentstribüne kann dazu ein ergänzendes Mittel sein. Ist sie mehr, wie
beispielsweise in Bundesländern, in denen die Partei die Linke
Regierungsverantwortung übernimmt, ist sie nichts mehr – außer der Anfang vom
Ende revolutionärer politischer Praxis.
Für viele
linksradikale Gruppen dagegen spielt die konkrete Arbeit an Schule und Betrieb
keine Rolle. Statt sich in diese »Kämpfe ums Teewasser« einzumischen,
orientieren sie auf Großevents wie Blockupy oder die G-7-Proteste. Natürlich
ist die SDAJ auch bei diesen Demonstrationen dabei. Doch wir gewichten sie in
unserer politischen Praxis anders, weil wir glauben, dass wir die Masse der
Jugendlichen nur in der langfristigen Arbeit vor Ort ansprechen können. Dort
versuchen wir als konsequente Kraft zu überzeugen. Wer weiß, dass es einen
unauflösbaren Interessengegensatz zur Unternehmerseite gibt, und wer für dessen
Aufhebung in einer anderen Gesellschaft kämpft, lässt sich auch in »nur«
gewerkschaftlichen Kämpfen von Drohungen der Gegenseite nicht einschüchtern und
setzt Forderungen konsequenter durch.
Was sich
im Bereich der betrieblichen Interessenvertretungspolitik machen lässt,
funktioniert auch im antimilitaristischen Kampf. Dieser ist mit dem Anfang
Dezember beschlossenen Syrien-Einsatz für unsere Generation aktueller denn je.
Immer noch ist der Shell-Jugendstudie 2015 zufolge fast die Hälfte der
Jugendlichen gegen deutsche Kriegseinsätze. Mehr als einen Krieg in Europa
fürchten sie nur Terrorangriffe. Gleichzeitig wird die Bundeswehr tendenziell
beliebter, und das deutsche Engagement in der Welt genießt unter Jugendlichen
hohes Ansehen. Unsere Aufgabe ist es, entsprechend deutlich zu machen, dass die
deutsche Verantwortungsübernahme in aller Welt Krieg und Terror nach sich zieht
und gegen unsere Interessen steht.
Ein
solcher interessengeleiteter Antimilitarismus war 2010 Ausgangspunkt der
Kampagne »Bundeswehrfreie Zone« gegen die Werbung der deutschen Armee an
Schulen. Die SDAJ unterstützte und initiierte Bündnisse gegen Jugendoffiziere,
die die Bundeswehr als normalen Arbeitgeber präsentieren. Vielerorts konnten
Schüler, Eltern und Lehrer deren Auftritte verhindern, einige Schulen erklärten
sich für bundeswehrfrei. Es ging darum, aufzuzeigen, wie die Armee die
Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher ausnutzt, um sie als Berufssoldaten zu
gewinnen, und für wessen Interessen sie zum Töten instrumentalisiert werden.
Sogar der Verfassungsschutz Baden-Württemberg bescheinigte uns im April 2010:
»Eine bundeswehrfeindliche Kampagne bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit
der Zielrichtung, die Bundeswehr zu verunglimpfen und ihr das Auftreten in
Lehr- und Forschungseinrichtungen zu erschweren, könnte Erfolgschancen haben.«
Keine Stellvertreterpolitik
Auch hier
ist mühselige Kleinarbeit gefragt. Ohne Verankerung in der Bevölkerung werden
Sabotageakte allein den nächsten Einsatz nicht verhindern können. Wir müssen
möglichst große Teile der Klasse davon überzeugen, dass hinter den
Kriegseinsätzen Kapitalinteressen stehen und diese unseren eigenen diametral
entgegenstehen. Wer sich hingegen von einer Analyse des deutschen Imperialismus
verabschiedet und lediglich auf die moralische Ablehnung von Krieg setzt,
erreicht damit zunehmend weniger bei der Bevölkerung. Vor allem aber kommt man
so in ernsthafte Schwierigkeiten, einen antimilitaristischen Kurs
beizubehalten, wenn der Einsatz mit ethischen Argumenten begründet wird. So
geschehen bei der Bundestagsabstimmung über den Einsatz zur Vernichtung von
syrischen Chemiewaffen: Erstmals stimmten fünf Abgeordnete der Partei Die Linke
dafür, 18 weitere enthielten sich. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende
Jan van Aken erklärte damals, es es gäbe viele gute Gründe, die für den Einsatz
im Mittelmeer sprächen. »Die Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals ist
zu begrüßen«.
»Selber
tun« lautet das Motto der Rosa-Luxemburg-Konferenz an diesem Wochenende. Das
bringt die Sache genau auf den Punkt. Aus der aktuellen Schwäche wird uns weder
eine Autonome-Szene-Politik führen, die sich wesentlich über Lifestyle
definiert und den Kontakt zur als »deutschen Mob« verhetzten Arbeiterklasse
verabscheut, noch kann das Stellvertreterpolitik, die den Menschen das Kämpfen
abzunehmen scheint. Wir wollen eingreifen, erklären, unterstützen und
überzeugen. Doch den Kapitalismus verstehen und den Kampf gegen ihn führen –
das müssen die Azubis, Schüler und jungen Arbeiter eben am Ende doch selbst.
Dazu brauchen sie junge Revolutionäre an ihrer Seite – die ein Stück Einsicht
in den Kampf der Klassen und die Möglichkeiten zu seiner Überwindung schon
gewonnen haben, die diese in verständlicher Sprache weitergeben und die sich
nicht zu schade sind, auch bei der Streikdemonstration morgens um sieben mit
dabeizusein.
Lena Kreymann
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