Erklärung der Sozialistischen Deutschen
Arbeiterjungend (SDAJ) zum Ergebnis der Bundestagswahlen 2017
Faschistoide AfD im Parlament
12,6 %
für die rassistische, völkische und faschistoide AfD; das ist das mediale Thema
seit Schließung der Wahllokale gestern um 18 Uhr. Doch auch in den letzten
Wochen waren viele Leitmedien damit beschäftigt die AfD als „Alternative“ zur
Merkel-Regierung aufzubauen und die Aussicht auf den dritten Platz zu öffnen.
Die neue
Rechtspartei hat es geschafft viele enttäuschte Wähler für sich zu gewinnen, in
Sachsen ist sie damit bei der Wahl stärkste Kraft und Brandenburg zweitstärkste
geworden. Seit ihrem Parteitag hat sie beim Stimmenfang auf antisemitische,
fremdenfeindliche und faschistische Stimmungsmache gesetzt.
Ende der „Volksparteien“
Wenn auch
die Merkel-CDU stärkste Partei bleibt, so hat ihr bayerischer Ableger CSU
massive Verluste von über zehn Prozent eingefahren. Trotz ihrer Zielstellung,
die Bundespolitik durch den Abbau der Grundrechte und wirtschaftsfreundliche
Politik mitzugestalten, hat Seehofer heute intern über ein Ende der gemeinsamen
CDU-CSU-Fraktion abstimmen lassen; er konnte sich jedoch mit seinem Kurs an der
Seite der CDU durchsetzen. Hintergrund dieser Überlegungen sind zum einen die
bayerischen Landtagswahl nächstes Jahr, zum anderen aber auch die Debatte um
eine „Obergrenze“ für Flüchtlinge.
Schließlich
wird aktuell über eine Koalition aus CDU/CSU-FDP-Grüne diskutiert und hier muss
sich die CSU behaupten, die schon lange vor der AfD im Scharfmachen mit rechten
Parolen geübt war. Klar ist: wer über den Rechtsruck und die fremdenfeindliche
AfD redet, sollte nicht vergessen, dass der CSU-Chef schon vor Jahren dazu
aufgerufen hat, sich „gegen Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme zu wehren –
bis zur letzten Patrone“.
Die SPD
kommt mit 20,5 % auf das historisch tiefste Ergebnis seit Jahrzehnten und
knüpft damit an den schlechtesten Ergebnissen ihrer Partei in der Weimarer
Republik an. Es ist die Unglaubwürdigkeit einer Partei, die für Sozialabbau und
Konzernpolitik steht und sich gleichzeitig als sozial und gerecht verkauft, die
dazu geführt haben, dass der Schulz-Zug aufgehört hat zu Rollen.
Wer mit
Martin Schulz einen Kandidaten aufstellt, der seit Jahrzehnten in der
Parteispitze mitverantwortlich ist und im EU-Parlament bei der Kürzungs- und
Austeritätspolitik vorne mit dabei war, kann keinen Politikwechsel erreichen.
Jetzt in die Opposition zu gehen, wird der nächste Versuch sein, sich das Image
einer sozialen Partei zu geben. Die praktische Politik der letzten Jahrzehnte
spricht jedoch eine andere Sprache.
Wahl zwischen Pest und Cholera
Die SPD
hat in den letzten Wochen darauf gesetzt, Stimmen dadurch zu gewinnen, indem
sie davor gewarnt hat, dass mit der AfD „erstmalig“ Nazis in den deutschen
Bundestag kommen würden. Mal abgesehen von hunderten NSDAP-Mitgliedern,
teilweisen mit Funktionen und Verantwortung, die nach 1945 in westdeutschen
Parlamenten, Regierungen und Ministerien saßen, wird dabei verschwiegen, dass
mit der „Deutschen Volkspartei“ schon einmal eine Rechtsaußen-Partei im
Bundestag saß.
Damals
hat sie Kanzler Adenauer sogar in die Regierung geholt. Das ist die Warnung für
fortschrittliche Kräfte heute: Den Rechten müssen die Anhänger und ihr Einfluss
genommen werden, denn es gibt keinen Grund zu glauben, dass die etablierten
Parteien nicht doch bereit wären, mit der AfD zusammenzuarbeiten.
Für diese
Leute werden nun viele Gelder locker gemacht, um Mitarbeiter und Büros zu
finanzieren. Diese werden, zusätzlich zu den Millionen Euro
Parteienfinanzierung, aus unseren Taschen gezahlt. So werden über öffentliche
Gelder Aufstieg und Spaltung der reaktionären Parteien ermöglicht.
AfD-Chefin
Frauke Petri, die den Begriff „völkisch“ wieder positiv besetzen möchte,
erklärte vor wenigen Stunden, dass sie nicht Teil der AfD-Fraktion werden
möchte. Grund dafür ist der Rechtsruck unter dem neuen Führungsduo der Partei.
Mit Alice Weidel, die in der Wirtschaft für Goldman Sachs und die Allianz tätig
war, und Alexander Gauland, der aus reaktionären CDU-Kreisen kommt, hat die
Partei eine Spitze bekommen, die ihre Hand schützend über faschistische
Sprücheklopfer wie Bernd Höcke gelegt hat.
So
verwundert es doch auch nicht, dass der ehemalige Staatssekretär und
Mitarbeiter für Bürgermeister, Bundespresseamt und Bundesministerium, Alexander
Gauland von der AfD gestern auf ihrer Wahlparty erklärte: „Wir werden sie
jagen. Wir werden unser Volk zurückholen“.
Alternative Linkspartei?
Mit der
Partei Die Linke wurden im Wahlkampf soziale Fragen in den Mittelpunkt gestellt
und damit auch ein paar Stimmen dazu gewonnen. Unklar blieb aber ihre Haltung
zu einer Teilnahme an einer Bundesregierung mit den Sozialabbau- und
Kriegsparteien SPD und Grüne. Solche Koalitionen kennen wir leider schon aus
Berlin und Thüringen.
Länder,
in denen weiter privatisiert wird, in denen Wohnraum teilweise unbezahlbar ist,
aus denen Flüchtlinge in Kriegsländer abgeschoben werden, in denen Angestellte
im öffentlichen Dienst, wie an der Berliner Charité, seit Jahren für bessere
Löhne kämpfen.
Parteichefin
Kipping hat im Wahlkampf erklärt, dass sie auf eine starke SPD hoffe und auch
Wagenknecht erklärte heute, dass sie auf einen Wandel der SPD hin zu einer
echten sozialdemokratischen Partei hoffe. Gründe das zu hoffen, gibt es wenige,
schließlich hat die SPD bewiesen, dass sie lieber besserer Sachverwalter des
kapitalistischen Wahnsinns gewesen wäre, als nun niedergeschlagen in die
Opposition zu gehen.
Und
trotzdem orientiert die Linkspartei im Zweifel lieber auf den Parlamentarismus
und Illusionen in die Möglichkeiten der Politikveränderung durch Einbindung in
den bürgerlichen Politikbetrieb.
Dazu
gehören auch die seit Jahren andauernden Aufweichungen ihrer Positionen, v.a.
der Entsorgung einer antimilitaristischen Haltung gegen Aufrüstung und Krieg –
Prominente Parteimitglieder wie Gysi und Liebich dürfen seit Jahren Politik
machen, die sich nicht grundsätzlich gegen die NATO und gegen imperialistische
Kriegspolitik stellt, dabei wäre das das Gebot der Stunde.
Sie ist
damit als Partei unglaubwürdig für all jene, die kein Vertrauen in den
parlamentarischen Politikbetrieb haben und die sich grundsätzlich gegen
Sozialabbau und kriegerische Aggressionen stellen. Eine konsequente
Orientierung auf Eigenaktivität hingegen ist der Hebel um soziale Kämpfe zu
beleben.
Hier
liegt wohl auch der Grund dafür, dass die Linkspartei zwar mit etwas mehr
Prozent als bei der letzten Wahl in den Bundestag einziehen wird, dem
Rechtsruck in diesem Land jedoch nichts entgegen setzen konnte. So wurde aus
der bisherigen Oppositionsführerin in Berlin die schwächste Fraktion im neuen
Parlament.
Und aus
einem Parlament mit einer rot-rot-grünen Mehrheit – auf die so viele ihre
Illusionen gesetzt haben, für deren Konsolidierung seit Oktober hochrangige
Treffen stattgefunden haben und die sich trotzdem in vier Jahren nicht
bemerkbar gemacht hat – wird nun eine mehrheitlich aggressiv neoliberales und
reaktionäres Parlament mit sieben statt bisher fünf Parteien und mindestens
ebensovielen Fraktionen.
Jubel bei den Herrschenden
Mit den
nun laufenden Diskussionen um eine sogenannte Jamaica-Koalition, also
CDU/CSU-FDP-Grüne, werden uns wirtschaftsfreundliche Reformen und verschärfte
Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtum von unten nach oben erwarten.
Mit dem
möglichen Einzug der Grünen in eine schwarz-gelbe Bundesregierung wird sich die
aggressive deutsche Außenpolitik innerhalb der Europäischen Union als auch
gegenüber Russlands zuspitzen. Dazu hat die aktuelle Grünen-Spitze während der
Euro-Krise und währemd dem Ukraine-Krieg viele Beispiele geliefert. Doch auch ohne
die Grünen, hat der EU-Kurs des deutschen Kapitals eine Bestätigung bekommen,
gegen die sich bei unseren europäischen Nachbarn seit Jahren Widerstand
formiert.
Und auch
der vermeindliche Image-Wechsel der FDP war nicht mehr als das Hinzufügen einer
neuen Parteifarbe, die Inszenierung von Sunnyboy Christian Lindner und der
Einkauf einer schicken Marketingstrategie. Doch das hat gewirkt und eine Partei
zurück in den Bundestag geholt, die vor vier Jahren wegen ihrer platten
neoliberalen Politik, durch die unzählige Menschen in die Armut gedrengt
wurden, abgewählt worden war.
Ob die
Jamaica-Koalition zu Stande kommt, wird sich wohl an den Fragen nach einer
„Obergrenze“ und „Ehe für alle“ entscheiden. Unabhängig davon ist schon jetzt
klar, dass der politische Kurs für eine „marktkonforme Demokratie“ fortgesetzt
wird. Das heißt: ändern wird sich de facto wenig.
Der
Wahlkampf war ein organisiertes Spektakel, in dem sich ähnliche Typen ähnliche
Inhalte um die Ohren gehauen haben und damit beim medialen Aufputschen der AfD
mitgemacht haben. Begleitet wurde das ganze von Angstmacherei, die BILD-Zeitung
redete sogar von einer russisch-beeinflussten Wahlmanipulation.
Doch
neben dem ganzen Spektakel bleiben die realen Probleme drängend: Das
Hartz-IV-Zwangssystem, fehlende Gelder bei Gesundheit, Bildung, Kultur, ein
riesengroßer Niedriglohnsektor dank Zeit- und Leiharbeit und befristete
Verträge sowie Arbeitslosigkeit.
Alle
etablierten Parteien haben diesen Kurs mitgemacht und versucht Menschen in den
kapitalistischen Wahn einzubinden. Das ist auch gut gelungen; selbst dort wo
die Linkspartei in Verantwortung mitreden durfte, hat sie sich daran beteiligt.
Dagegen
haben tausende Menschen ihre Stimme den Kommunisten gegeben. Als kleine, aber
deutliche Demonstration in der Wahlkabine gegen das parlamentarische Theater
bei dem – dank 5%-Hürde und verschiedenen sozialen Gruppen, denen kein
Wahlrecht zugesprochen wird – Proteststimmen unter den Tisch fallen
Weiter den Weg des Widerstandes
Die
tausenden Proteststimmen für die Liste der Kommunistischen Partei (DKP) sind
noch viel zu wenige. Wir müssen mehr werden, die gemeinsam den Weg des
Widerstandes gehen. Dafür ist es noch nicht zu spät, denn entscheidend ist für
uns kein Kreuz auf dem Stimmzettel, sondern das aktive Eintreten für die
eigenen Interessen.
Nicht nur
die Stimme abgeben – danach, und besonders bei diesem Wahlergebnis, heißt es:
die Stimme erheben! Die zu erwartende Politik in Berlin und von der neuen
Bundesregierung – ob Jamaica oder doch die stabile und bewährte große Koalition
– erfordert von uns, dass wir uns fürdie Verteidigung unserer sozialen und
demokratischen Grundrechte selber stark machen und dazu viele Mitstreiter
finden und sammeln.
Dabei
bieten die Sofort-Vorschläge der Kommunisten weiterhin die richtige Grundlage:
Sofortige Investition in öffentliches Eigentum (Neubau von Sozialwohnungen,
Schulen, Jugendzentren und Kindertagesstätten), Schaffung von Arbeitsplätzen
(Zusätzliche LehrerInnen, ErzieherInnen, Krankenhauspersonal und
SozialarbeiterInnen), Verbesserung der Sozialleistungen, Konsequente
Friedenspolitik (Rücknahme der Aufrüstungspläne, Kürzung der Militärausgaben,
Stopp aller Waffenexporte), Besteuerung der Reichen (Erhöhung der Spitzensteuer
auf Unternehmensgewinne, Einführung einer Millionärssteuer).
Wählt den
Weg des Widerstands!
Werdet
selber für eure Interessen aktiv!
Bundesgeschäftsführung
der SDAJ
Essen, 25.09.2017
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