Samstag, 5. Dezember 2015

Hände weg von Syrien! – Nein zu Tornados und Kriegsflotte!

Der vom Westen gepäppelte IS bringt den Terror nach Europa und der Aufschrei ist groß: In Frankreich und Deutschland wird zur „Vernichtung der Wurzeln des Terrors“ aufgerufen, mit Luftschlägen und womöglich bald der Stationierung von Bodentruppen soll der IS zerstört werden.

Vernichtung des barbarischen IS – das klingt für viele erst mal gut. Doch die Anti-Terror-Rhetorik ist pure Heuchelei, wie ein Blick auf die Geschichte des Krieges in Syrien und die Reaktionen auf die Anschläge in Paris zeigt. Für Deutschland und Frankreich sind die Anschläge ein willkommener Vorwand zur Durchsetzung weiterer Einsätze in der ganzen Welt und zum Abbau demokratischer Rechte im Inneren. Deutschland greift nun auch direkt militärisch in Syrien ein+++

Der Aufstieg des IS

Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien. Der „Demokratieexport“ des Westens hat den Nahen Osten ins Chaos gestürzt. Die Bilanz der Kriege der NATO und ihrer Verbündeten ist verheerend: In Afghanistan erleben die Taliban ein Comeback, der Irak wird nahezu täglich von Anschlägen erschüttert, in Libyen tobt ein offener Krieg zwischen einer islamistischen und einer vom Westen gestützten Gegenregierung.

Am präsentesten ist zurzeit aber der Stellvertreterkrieg in Syrien. Zur Erinnerung: Um sich der unliebsamen Assad-Regierung zu entledigen, unterstützten die sogenannten „Freunde Syriens“, zu deren Führungsgruppe neben Deutschland und Frankreich auch solche lupenreinen Demokratien wie Saudi-Arabien oder Katar gehören, seit 2011 bereitwillig die von Beginn an durch die islamistische Muslimbruderschaft geprägten Aufstände in ländlichen Regionen Syriens. Ausgestattet mit Waffen und Geld überzogen die Aufständischen das Land mit einem „Krieg niedriger Intensität“ (sprich: Anschlägen) und wurden dabei insbesondere von Wirtschaftssanktionen der EU flankiert, die das Land weiter destabilisierten.

Spätestens 2012 war eigentlich jedem klar, dass die so oft beschworene „gemäßigte Opposition“ keine nennenswerte Rolle (mehr) spielte. Die „Freunde Syriens“ störte das wenig. Weiterhin gingen Waffen und Geld an so ziemlich jede Kraft, die sich dem Sturz Assads verschrieb.

In dieser Situation, in der die Türkei und Jordanien ihre Grenzgebiete als Rückzugs- und Versorgungslager für dschihadistische Aufständische öffneten und diese, unter anderem mit deutschen Patriot-Raketen, gegen Angriffe der syrischen Armee sicherten, begann der Aufstieg eines irakischen Al-Kaida-Ablegers, der heute als islamischer Staat eine Schreckensherrschaft über große Teile Syriens errichtet hat.

Anschläge in Paris und europäischer Bündnisfall

Am 13. November wurden bei einer koordinierten Terroraktion von IS-Anhängern in Paris über 130 Menschen getötet. Die Reaktionen auf die Anschläge folgten prompt. Frankreich intensivierte seine Luftschläge in Syrien und berief sich bei der Sitzung des EU-Ministerrates auf den europäischen Bündnisfall. Diese Klausel im Vertrag von Lissabon verpflichtet die Länder der EU zum Beistand im Falle eines Angriffes auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates.

Die Äußerungen sind an Absurdität kaum zu überbieten: Radikalisierte Franzosen und Belgier, die aus den Kampfgebieten zurückkehren, ermorden in Paris Menschen und es wird so getan, als hätte Syrien Frankreich angegriffen. Eilig versicherte Berlin dennoch, man würde seiner Verantwortung selbstverständlich nachkommen und Frankreich „solidarisch unterstützen“. Und die deutsche Regierung ließ gestern Taten folgen: Mit „Tornado“-Kampfjets, einer Kriegsfregatte, mindestens einem Tankflugzeug und Satelitenaufklärung greift auch Deutschland nun direkt in den Krieg in Syrien ein.

Darüber hinaus besteht diese Unterstützung in der Aufstockung der deutschen Beteiligung an der MINUSMA-Mission in Mali auf 700 Bundeswehrsoldaten. Angeblich um Frankreich dort zu entlasten. Die Ausweitung des deutschen Truppenkontingentes stand jedoch bereits Mitte Oktober, also vor den Anschlägen, auf der Tagesordnung. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie die Toten von Paris zur Rechtfertigung von Militärmissionen instrumentalisiert werden. Auch die üblichen Forderungen nach noch mehr Mitteln und Befugnissen für Geheimdienste, oder den Einsatz der Bundeswehr im Inneren, ließen nicht lange auf sich warten.

Gemeinsam gegen die Kriegstreiber auf allen Seiten

Die Anschläge des IS sind grausame Akte, denen viele Unschuldige Menschen zum Opfer fielen. Doch weder weitere Kriegseinsätze und Waffenlieferungen in Krisenregionen, noch Gesetzesverschärfungen im Inneren tragen zur Verringerung der Terrorgefahr bei. Im Gegenteil.

Durch die andauernde Zerstörung des Nahen Ostens wächst in diesen Ländern der Hass auf die Westmächte, während die Bevölkerung hierzulande durch die um sich greifende Panikmache noch weiter gegen Geflüchtete aus Kriegsgebieten aufgehetzt wird. Vom Krieg profitieren deutsche Großkonzerne, die Rüstungsgüter produzieren oder auf Ressourcennachschub aus dem Nahen Osten angewiesen sind.

Die Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen wird auf dem Rücken der Millionen Syrerinnen und Syrer ausgetragen, die vor Gewalt und Zerstörung fliehen müssen. Unter ihr leiden auch die Bevölkerungen der Länder, die jetzt vom Terror des IS bedroht werden. Gegen diese Politik gilt es aktiv zu werden.

Wir fordern den sofortigen Stopp jeglicher deutscher Interventionen sowie Waffenlieferungen nach Syrien und an IS-Unterstützerstaaten. Dem weiteren Abbau von demokratischen Grundrechten im Inneren, der Hetze gegen Geflüchtete und der Abschottung der EU-Grenzen stellen wir uns entschieden entgegen.

Zum Weiterlesen:

„Nato-Strategie: Terroristen decken, Situation eskalieren“:

„Truppensteller für Syrien“:

„Deutschlands ordnungspolitischer Radius“:

„Wie Europas Politik den Terror für sich instrumentalisiert“: http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2015/11/wie-europas-politik-den-terror-fuer-sich-instrumentalisiert/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen