Der vom
Westen gepäppelte IS bringt den Terror nach Europa und der Aufschrei ist groß:
In Frankreich und Deutschland wird zur „Vernichtung der Wurzeln des Terrors“
aufgerufen, mit Luftschlägen und womöglich bald der Stationierung von
Bodentruppen soll der IS zerstört werden.
Vernichtung
des barbarischen IS – das klingt für viele erst mal gut. Doch die
Anti-Terror-Rhetorik ist pure Heuchelei, wie ein Blick auf die Geschichte des
Krieges in Syrien und die Reaktionen auf die Anschläge in Paris zeigt. Für
Deutschland und Frankreich sind die Anschläge ein willkommener Vorwand zur
Durchsetzung weiterer Einsätze in der ganzen Welt und zum Abbau demokratischer
Rechte im Inneren. Deutschland greift nun auch direkt militärisch in Syrien
ein+++
Afghanistan,
Irak, Libyen, Syrien. Der „Demokratieexport“ des Westens hat den Nahen Osten
ins Chaos gestürzt. Die Bilanz der Kriege der NATO und ihrer Verbündeten ist
verheerend: In Afghanistan erleben die Taliban ein Comeback, der Irak wird
nahezu täglich von Anschlägen erschüttert, in Libyen tobt ein offener Krieg
zwischen einer islamistischen und einer vom Westen gestützten Gegenregierung.
Am
präsentesten ist zurzeit aber der Stellvertreterkrieg in Syrien. Zur
Erinnerung: Um sich der unliebsamen Assad-Regierung zu entledigen,
unterstützten die sogenannten „Freunde Syriens“, zu deren Führungsgruppe neben
Deutschland und Frankreich auch solche lupenreinen Demokratien wie
Saudi-Arabien oder Katar gehören, seit 2011 bereitwillig die von Beginn an
durch die islamistische Muslimbruderschaft geprägten Aufstände in ländlichen
Regionen Syriens. Ausgestattet mit Waffen und Geld überzogen die Aufständischen
das Land mit einem „Krieg niedriger Intensität“ (sprich: Anschlägen) und wurden
dabei insbesondere von Wirtschaftssanktionen der EU flankiert, die das Land
weiter destabilisierten.
Spätestens
2012 war eigentlich jedem klar, dass die so oft beschworene „gemäßigte
Opposition“ keine nennenswerte Rolle (mehr) spielte. Die „Freunde Syriens“
störte das wenig. Weiterhin gingen Waffen und Geld an so ziemlich jede Kraft,
die sich dem Sturz Assads verschrieb.
In dieser
Situation, in der die Türkei und Jordanien ihre Grenzgebiete als Rückzugs- und
Versorgungslager für dschihadistische Aufständische öffneten und diese, unter
anderem mit deutschen Patriot-Raketen, gegen Angriffe der syrischen Armee
sicherten, begann der Aufstieg eines irakischen Al-Kaida-Ablegers, der heute
als islamischer Staat eine Schreckensherrschaft über große Teile Syriens
errichtet hat.
Anschläge in Paris und europäischer Bündnisfall
Am 13.
November wurden bei einer koordinierten Terroraktion von IS-Anhängern in Paris
über 130 Menschen getötet. Die Reaktionen auf die Anschläge folgten prompt.
Frankreich intensivierte seine Luftschläge in Syrien und berief sich bei der
Sitzung des EU-Ministerrates auf den europäischen Bündnisfall. Diese Klausel im
Vertrag von Lissabon verpflichtet die Länder der EU zum Beistand im Falle eines
Angriffes auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates.
Die
Äußerungen sind an Absurdität kaum zu überbieten: Radikalisierte Franzosen und
Belgier, die aus den Kampfgebieten zurückkehren, ermorden in Paris Menschen und
es wird so getan, als hätte Syrien Frankreich angegriffen. Eilig versicherte
Berlin dennoch, man würde seiner Verantwortung selbstverständlich nachkommen
und Frankreich „solidarisch unterstützen“. Und die deutsche Regierung ließ
gestern Taten folgen: Mit „Tornado“-Kampfjets, einer Kriegsfregatte, mindestens
einem Tankflugzeug und Satelitenaufklärung greift auch Deutschland nun direkt
in den Krieg in Syrien ein.
Darüber
hinaus besteht diese Unterstützung in der Aufstockung der deutschen Beteiligung
an der MINUSMA-Mission in Mali auf 700 Bundeswehrsoldaten. Angeblich um
Frankreich dort zu entlasten. Die Ausweitung des deutschen Truppenkontingentes
stand jedoch bereits Mitte Oktober, also vor den Anschlägen, auf der
Tagesordnung. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie die Toten von Paris zur
Rechtfertigung von Militärmissionen instrumentalisiert werden. Auch die
üblichen Forderungen nach noch mehr Mitteln und Befugnissen für Geheimdienste,
oder den Einsatz der Bundeswehr im Inneren, ließen nicht lange auf sich warten.
Gemeinsam gegen die Kriegstreiber auf allen
Seiten
Die
Anschläge des IS sind grausame Akte, denen viele Unschuldige Menschen zum Opfer
fielen. Doch weder weitere Kriegseinsätze und Waffenlieferungen in
Krisenregionen, noch Gesetzesverschärfungen im Inneren tragen zur Verringerung
der Terrorgefahr bei. Im Gegenteil.
Durch die
andauernde Zerstörung des Nahen Ostens wächst in diesen Ländern der Hass auf
die Westmächte, während die Bevölkerung hierzulande durch die um sich greifende
Panikmache noch weiter gegen Geflüchtete aus Kriegsgebieten aufgehetzt wird.
Vom Krieg profitieren deutsche Großkonzerne, die Rüstungsgüter produzieren oder
auf Ressourcennachschub aus dem Nahen Osten angewiesen sind.
Die
Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen wird auf dem Rücken der Millionen
Syrerinnen und Syrer ausgetragen, die vor Gewalt und Zerstörung fliehen müssen.
Unter ihr leiden auch die Bevölkerungen der Länder, die jetzt vom Terror des IS
bedroht werden. Gegen diese Politik gilt es aktiv zu werden.
Wir
fordern den sofortigen Stopp jeglicher deutscher Interventionen sowie
Waffenlieferungen nach Syrien und an IS-Unterstützerstaaten. Dem weiteren Abbau
von demokratischen Grundrechten im Inneren, der Hetze gegen Geflüchtete und der
Abschottung der EU-Grenzen stellen wir uns entschieden entgegen.
Zum
Weiterlesen:
„Nato-Strategie:
Terroristen decken, Situation eskalieren“:
„Truppensteller
für Syrien“:
„Deutschlands
ordnungspolitischer Radius“:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen