Mittwoch, 15. Juni 2016

Strategie des deutschen Imperialismus

Auszüge aus der Einschätzung des 22. Bundeskongresses der SDAJ - vom SDAJ-Bundesvorsitzenden Jann Meier

 „Dem deutschen Imperialismus ist es gelungen seinen Gestaltungsspielraum auf nationaler, wie internationaler Ebene weiter auszubauen. Eine umfassende Militarisierung soll auch in Zukunft dazu beitragen die Profite der deutschen Monopole zu sichern und die Großmachtbestrebungen des deutschen Kapitals umzusetzen. […]. Dieser Kurs umfasst Bestrebungen innerhalb internationaler Bündnisse wie der NATO und Vereinten Nationen eine größere Rolle zu spielen und gleichzeitig die weltpolitische Bedeutung der vom deutschen Imperialismus dominierten EU, sowie deren Militärapparat, weiter auszubauen. Damit einher gehen auch eine Ausweitung der Bundeswehreinsätze und eine umfassende Militarisierung der Gesellschaft.“ (Beschluss des 22. SDAJ-Bundeskongresses)

Das ist kein Geheimnis, sondern fast schon in ähnlichen Worten letzte Woche durch die Veröffentlichung der Entwurfsfassung des neuen Weißbuchs der Bundeswehr bestätigt worden, wie man in der jungen Welt in einem Beitrag von Jörg Kronauer nachlesen kann. Es wird relativ deutlich ein eigener Weltmachtanspruch formuliert. „Aktive Gestaltung der globalen Ordnung“ heißt das dann. Diese Formulierung fand sich im Weißbuch von 2006 noch nicht. 

Damals hieß es noch Deutschland falle eine „wichtige Rolle“ für „die künftige Gestaltung Europas“ zu. Es ging noch um die Vorbereitung gemeinsamer Kriegseinsätze und die Umgehung der Volksabstimmungen über die EU-Verfassung mittels des EU-Vertrages. Europa« (nicht Deutschland!) schrieb man, müsse »seinen Teil der Verantwortung für die globale Sicherheit« übernehmen, also der Lösung einzelner Konflikte, es ging aber noch nicht um die gesamte „globale Ordnung“.

Der aktuelle Weißbuch-Entwurf enthält vier strategische Prioritäten.

Nummer eins ist der Schutz der eigenen staatlichen Souveränität, militärisch ausgedrückt: die Landesverteidigung. Nummer zwei ist die Bündnissolidarität, die als „Teil deutscher Staatsräson“ eingestuft, also hoch gehängt wird. Dabei geht es vor allem, aber nicht nur um die NATO, deren europäischen Pfeiler zu stärken die Bundesrepublik laut WeißbuchEntwurf eine »besondere Verantwortung« habe. Auch die Militärpolitik der EU soll weiter ausgebaut werden.

Deutschland wird also militärisch weiterhin zweigleisig fahren: mit der NATO, wo es etwa gegen Russland geht, mit der EU, wo man – wie in Mali oder im Mittelmeer – eigene Ordnungsansprüche durchsetzen zu können meint. Und, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Deutsche Interessen haben Vorrang vor Bündnissolidarität. „Unsere gewachsene Rolle in der internationalen Sicherheitspolitik führt weder zu Automatismen noch zu Handlungszwängen, die unseren Werten und Interessen (!) zuwiderlaufen oder das Maß unserer Möglichkeiten überdehnen“, heißt es in der jüngsten Entwurfsfassung. Krieg geführt wird also weiter nur in deutschem Interesse.

Die strategischen Prioritäten Nummer drei und vier sind nicht wirklich neu. Nummer drei ist die Absicherung der für die deutsche Wirtschaft so wichtigen globalen Transport- und Handelswege sowie der ebenfalls unverzichtbaren Rohstoff- und Energieversorgung; all dies fand sich schon im letzten Weißbuch, wird nun aber zur Priorität aufgewertet. Nummer vier besteht im Vorbeugen und gegebenenfalls im Eindämmen von Krisen und bewaffneten Konflikten; das ist faktisch ein Freibrief für Interventionen jeglicher Art und an jedem Ort, denn Konflikten vorbeugen kann man immer und überall. Es geht hier also, wie immer auf der weltpolitischen Bühne für den Imperialismus um das Austarieren der Widersprüche.

Der deutsche Imperialismus sieht die dicksten Pfründe weiterhin, und das ist ziemlich unangefochten, als Junior-Partner der USA. Gleichzeitig will man aber erstens in der Lage sein, auch ohne die USA international militärisch agieren zu können und man will zweitens das Kräfteverhältnis innerhalb der NATO verschieben. „Das europäische Standbein stärken“ ist die Formulierung dafür.

Mehr deutsche Expansionspolitik ist dabei nicht grundsätzlich im Widerspruch zum US-Imperialismus. Gerade dieser hatte in der Vergangenheit immer wieder dazu aufgefordert mehr Verantwortung zu übernehmen – in der Hoffnung die eigenen Streitkräfte entlasten zu können.

Übrigens arbeitet auch unter anderem die Arbeitsgruppe Außen- und Sicherheitspolitik der „Atlantikbrücke“, die wichtigste Verbindungsorganisation zwischen den politischen Vertretungen der deutschen und der US-Monopolbourgeoisie, an der Erstellung des Weißbuchs mit. Zunehmende Aggression nach außen, ablesbar an mittlerweile fast 20 Einsätzen der Bundeswehr, mit dem bisher größten ihrer Geschichte aktuell in Syrien und vor allem an der Aggression gegenüber Russland, ist untrennbar verbunden mit einer Militarisierung des Inneren.

Wichtigstes Stichwort ist hier die „Vernetzte Sicherheit“, also die Aufhebung der Trennung von Militär, Polizei und Geheimdiensten, immer weitere Aufgaben der Bundeswehr im Inneren, bis hin zur Aufstandsbekämpfung und zum Einsatz gegen Streiks im Falle des inneren Notstands, wie Nina Hager in der aktuellen UZ beschreibt.

Die Aggression nach außen spiegelt sich natürlich auch innenpolitisch wieder

Mit der AfD ist eine Partei entstanden, die mit ihrer spezifischen Strategie zur Sammlung einer faschistischen Massenbasis aktuell massive Erfolge hat. Sie ist derzeit in der Lage, gerade bei den Teilen der Bevölkerung, die tendenziell vom traditionellen Regierungs-Oppositions-Spiel nicht mehr integriert werden können, zu punkten und deren Wut und Abstiegsängste in systemkonforme Bahnen zu kanalisieren. Kern ihrer sozialen Demagogie ist ein antimuslimischer Rassismus und eine sozialchauvinistische, kapitalkonforme Zuwanderungspolitik.

So geht der aggressivere außenpolitische Kurs gewissermaßen einher mit einer härteren Gangart in der Innenpolitik, denn die bloße Existenz der AfD treibt die bürgerlichen Parteien zu weiterem Abbau erkämpfter demokratischer Rechte und Sozialabbau an (Antreiberfunktion) – also zur Fortsetzung und Verschärfung der Politik, die den Aufstieg der AfD in der Form erst möglich machte.

Die Erfolge der AfD, die Mobilisierungsfähigkeit von PEGIDA zeugen von einer gewachsenen Massenbasis für diese politische Linie, die dabei ist sich parlamentarisch, wie außerparlamentarisch zu etablieren und insbesondere gegen MigrantInnen, Flüchtlinge und Muslime hetzt. Diese sozialen Gruppen dienen dabei als Sündenbock für die sozialen Abstiegsängste breiter Bevölkerungsschichten. Diese Abstiegsängste sind natürlich bei vielen berechtigt – die Frage ist aber, welche politische Schlussfolgerungen daraus gezogen werden. Denn jeder Cent, der für Bundeswehr, Rüstung und Kriegspropaganda ausgegeben wird, steht im Zusammenhang mit stetigen Kürzungen im Bildungs-, Kultur- und Sozialbereich und steht damit systematisch im Widerspruch zu unseren Interessen als arbeitende und lernende Jugend. Die Perspektivlosigkeit weiter Teile der Arbeiterjugend spielt den Rekrutierungsbestrebungen der Bundeswehr in die Hände und wird von ihnen mit Unterstützung durch Schulen und Jobcenter gezielt ausgenutzt. Diese Perspektivlosigkeit ist gleichzeitig Anknüpfungspunkt, für die sozialdemagogische Rechtfertigung von Kriegseinsätzen mit offen wirtschaftlichen Begründungen.

Unter Verschleierung des Klassengegensatzes lautet das Argument der Herrschenden: Wenn die Bundeswehr für deutsche Wirtschaftsinteressen in den Krieg zieht, verteidigt sie damit unseren Lebensstandard. Was dabei unerwähnt bleibt: Freie Transportwege und freier Welthandel erhöhen die Mobilität des Kapitals und schaffen neue Möglichkeiten der Profitmaximierung. Sie verbessern nicht unsere Lebenslage sondern verschärfen die Konkurrenz und Ausbeutung der Arbeiterklasse, z.B. durch Druck auf Arbeitsbedingungen und Löhne.

Die Aufrüstung der Armee ist immer zugleich auch ein Ausbau des Repressionsapparats nach Innen für den Fall der Fälle. Nicht zuletzt sind es in allen Kriegen v.a. und zuerst die werktätigen Menschen, die sterben. Das gilt vor allem für die Menschen in den überfallenen Ländern, aber auch für die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr geworden sind. Die Folgen dieser Politik sieht man in den Staaten, in denen die Bundeswehr stationiert ist, aber auch an den Grenzen der EU, der BRD und an weltweit über 60 Millionen Menschen auf der Flucht. 2016 sind bis heute schon über 2000 Tote im Mittelmeer gezählt worden, 700 kamen nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerk Anfang Juni noch hinzu. Ebenso wird die prekäre Situation der Menschen aus den sogenannten Fluchtländern ausgenutzt, um eine militärische Stärkung der Bundeswehr zu begründen, die Grenzen der BRD oder EU zu schließen und unliebsame Regierungen im Nahen Osten militärisch bekämpfen zu können.

Jugendliche sind durch die umfassende Militarisierung der Gesellschaft besonders betroffen. Geringe Aussichten auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erhöhen die Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr. Das zeigt sich insbesondere in „strukturschwachen Regionen“ (wie z.B. Ostdeutschland, wo 62% der unteren Dienstgrade, also Kanonenfutter, der Bundeswehr rekrutiert werden) und auch aus Stadtteilen mit hohem Anteil an Arbeiterjugendlichen.

Dadurch sind Jugendliche trotz mehrheitlicher abstrakter Ablehnung von Kriegen immer häufiger auch empfänglich für wirtschaftliche Begründungen einzelner Kriegseinsätze. Die wachsende Angst vor einem Krieg in unmittelbarer Nachbarschaft, insbesondere mit Russland, führt nicht automatisch zu einer Stärkung der Friedenskräfte, sondern begünstigt teilweise auch den Ruf nach weiterer Aufrüstung.

Die aktuelle, neu entstandene Flüchtlingswelle brachte zudem eine deutliche Rechtsverschiebung der Kräfte in Deutschland mit sich. Diejenigen, die es bis nach Deutschland schaffen, werden hier nach ihrer ökonomischen Verwertbarkeit für die Banken und Konzerne sortiert, in Wirtschafts- und Kriegsflüchtlinge gruppiert und als LohndrückerInnen eingesetzt.

Diese Entwicklung fördert einen staatlich unterstützten Rassismus, der vor allem der Spaltung der Arbeiterklasse dient. Das zeigt auch der Entwurf für das neue „Integrationsgesetz“: Es sollen 100.000 1-Euro-Jobs für Flüchtlinge geschaffen werden, womit der Niedriglohnsektor massiv ausgeweitet wird. Integrationsmaßnahmen kommen nur für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Frage, damit werden ca. 50% der Flüchtlinge von vornherein ausgeschlossen.

Dieses Gesetz ist kein Integrationsgesetz, es ist ein Motor für Rassismus. Schon jetzt werden im Rahmen von EQJs und anderen Formen unbezahlter Praktika Flüchtlinge als Lohndrücker eingesetzt, was ebenfalls den Rassismus schürt und nur im Interesse der Banken und Konzerne ist, die sich daran eine goldene Nase verdienen.
(…)

Der ThinkTank Stiftung Wissenschaft und Politik schreibt in diesem Zusammenhang in Bezug auf das neue Weißbuch: England und Frankreich haben bei der Erstellung ihrer „Weißbücher“ nur einen kleinen Kreis von Experten hinzugezogen (während das Verteidigungsministerium äußert demokratisch Akteure der Zivilgesellschaft, wie z.B. die Atlantikbrücke, hinzugezogen hat). Für beide Länder scheint das ausreichend, weil es einen gesellschaftlichen Grundkonsens über militärische Fragen gibt. Das ist in Deutschland nicht der Fall. Es gelte, Multiplikatoren auszubilden, die eine aktive Sicherheitspolitische Gemeinschaft bilden sollen. (SWP)

Laut der größten Meinungsumfrage unter Jugendlichen, der Shell-Jugendstudie, haben Jugendliche ein widersprüchliches Bewusstsein gegenüber der Bundeswehr. Einerseits gibt es grundlegende Skepsis gegenüber Militäreinsätzen und die Meinung, dass sich Deutschland außenpolitisch eher zurückhalten sollte, konkrete deutsche Einsätze finden sie dann aber doch gut.

Und auch wenn das Vertrauen gegenüber „der Politik“ relativ gering ist, das gegenüber Justiz, Polizei und Militär ist relativ hoch. Doch es gibt auch immer wieder Widerstand gegen die Politik der Herrschenden. Gegen den Einsatz der Bundeswehr in Syrien gingen wieder deutlich mehr Menschen auf die Straße als noch gegen den NATO-Angriffskrieg gegen Libyen. Und das, obwohl laut Umfragen eine Mehrheit für diesen Einsatz ist, wohl auch vor dem Hintergrund der verlogenen Begründung, es ginge hier nach den Terroranschlägen von Paris um Solidarität mit Frankreich und um die Bekämpfung von Fluchtursachen. Wir sind dagegen mit der Friedensbewegung, aber auch mit einer wachsenden Zahl von Jugendlichen auf die Straße gegangen, um klar zu machen: Fluchtursachen zu bekämpfen heißt die imperialistischen Kriege zu beenden!

Unser Jugendblock auf der Demonstration gegen die Nato-Sicherheitskonferenz im Februar in München hat das laut und kämpferisch nach außen getragen. Damit haben wir ausgestrahlt. Aber es geht uns ja nicht nur um Demos, sondern darum, dass sich Jugendliche kontinuierlich gegen Militarismus engagieren.

Dazu vielleicht ein Beispiel, wie das gehen kann: In Nürnberg waren unsere Genossinnen und Genossen seit einigen Jahren u.a. in der Stadt-SV aktiv: Der Einsatz der Bundeswehr in Syrien war für die Stadt-SV der Anlass klar zu machen, dass Krieg und Millionen-Ausgaben für die Bundeswehr ganz eindeutig den Interessen von Schülerinnen und Schülern entgegenstehen. So veranstalteten sie ihre erste Kundgebung unter dem Motto „Schüler gegen Krieg“. Viele SchülerInnen wurden dafür selbst aktiv und machten ihre Meinung z.B. auf Plakaten deutlich, warum sie gegen den Syrien-Einsatz der Bundeswehr sind. Mit dieser Erfahrung im Rücken, mobilisierte die SV dann auch für den Jugendblock auf der Demo gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in München – zusammen mit der SDAJ und den Gewerkschaftsjugenden in Nürnberg. Gemeinsam mit einem breiten Bündnis aus verschiedenen Jugendorganisationen hat die Stadt-SV gleichzeitig die vollständige Kostenfreiheit aller Schulwege von Schülerinnen, Schülern und Azubis in Bayern gefordert. Wie beide Themen zusammenhängen konnte man dann in der POSITION der SDAJ nachlesen: Allein der deutsche Tornado-Einsatz in Syrien kostet 134 Millionen Euro im Jahr. Für das gleiche Geld könnte man in Nürnberg 2,4 Millionen Monatstickets für SchülerInnen bzw. Auszubildende bezahlen – dabei hat Nürnberg nur eine halbe Million Einwohner.

Dort, wo Jugendliche lernen und arbeiten, sowie an der Basis der Interessenvertretungsstrukturen bieten sich vielfältige Ansätze zur Entlarvung Deutschlands als Kriegsmacht, zur Stärkung antimilitaristischer Gegenkräfte und zur Entwicklung von Klassenbewusstsein. Ansatzpunkte dafür bieten beispielsweise die Auseinandersetzungen in den Gewerkschaften zur Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und antimilitaristische Beschlüsse in den Jugendabteilungen, Störaktionen gegen Bundeswehrauftritte im öffentlichen Raum und Bundeswehrbesuche an Schulen und die Erkämpfung bundeswehrfreier Schulen, sowie bisweilen die Initiativen für Zivilklauseln an den Universitäten. Aber auch die Belegschaft und insbesondere die Azubis von Betrieben mit Rüstungsproduktion oder -bezug sind für uns ein guter Anknüpfungspunkt um den Zusammenhang von Krieg und Kapitalismus im Widerspruch zu den Interessen der Arbeiterklasse herzustellen.

Wir wollen vor diesem Hintergrund versuchen, breitere Teile der Arbeiterjugend gegen die Kriegsvorbereitung des deutschen Kapitals zu mobilisieren, die deutschen Banken und Konzernen und ihren Staat als Kriegstreiber und
damit Verursacher von Flucht zu entlarven und deutlich zu machen, dass eine Welt des Friedens nur im Kampf gegen den Kapitalismus zu gewinnen ist. Kampagne Das ist das worum es uns auch in der Kampagne geht.

Unter dem Motto „Stop wars – gemeinsam gegen ihre Kriege“ wollen wir versuchen antimilitaristisches Bewusstsein unter der Jugend zu verbreiten und gleichzeitig aber deutlich machen, dass es hier nicht nur um eine rein moralische Ablehnung von Kriegseinsätzen geht, auch wenn das natürlich ein wichtiger Ansatzpunkt ist, sondern aus den sozialen Interessen der Jugendlichen abzuleiten. Dazu haben wir uns verschiedene Maßnahmen vorgenommen: Wenn man mal in die eine x-beliebige Zeitung und Fernsehsendung schaut zum Thema schaut, dann wird man feststellen: Krieg, den gibt es einfach. Kriege entstehen und dann muss die Bundeswehr, quasi aufgrund äußerer Zwänge da hin und eingreifen, ob nun Frauenrechte schützen, Brunnen bauen, die Ordnung wiederherstellen oder Handelswege sichern. Krieg bricht scheinbar einfach aus. Dem wollen wir entgegensetzen, dass es Konzerne und auch einzelne Personen gibt, die von Krieg profitieren, die ihn wollen (müssen) und die wollen wir öffentlich als das entlarven was sie sind: Kriegstreiber!

Den Kriege brechen nicht aus – sie werden ausgebrochen. Dazu haben wir die Outings als Aktionsform gewählt. Dabei geht es eben darum einen Kriegstreiber in einer öffentlichen Aktion, das kann zum Beispiel ein erweiterter Infostand sein, mit Rede, Flyerverteilung und spontanem Sterben und Umfallen, öffentlich zu machen und an den Pranger zu stellen. So können wir am konkreten Beispiel deutlich machen: Es gibt eine Klasse, die hat ein Interesse am Krieg und deswegen wird er auch geführt und es gibt die Arbeiterklasse, die arbeitende und lernende Jugend etc. die kein Interesse an diesen Kriegen und auf deren Kosten sie gehen. Diese Kosten gilt es dabei konkret aufzuzeigen: 32 Milliarden Euro fehlen in deutschen Schulen allein bei den laufenden Instandhaltungskosten – schätzt das deutsche Institut für Urbanistik. Die GEW geht von etwa 10.000 fehlenden Lehrkräfte aus, 300.000 Ausbildungsplätze fehlen, bei den Studienplätzen ist die Zahl ähnlich hoch, usw. usf. Gleichzeitig sollen bis 2030 130 Milliarden Euro in Rüstung investiert werden. Die Bundeswehr ist Nutznießerin der politisch gewollten Perspektivlosigkeit. Sie hat ihre Werbe- und Rekrutierungsmaßnahmen in den letzten Jahren, vor allem seit Aussetzung der Wehrpflicht, drastisch verstärkt. Und wir dürfen annehmen, dass das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange ist.

Die Kriegsministerin hat kürzlich angekündigt bis 2030 etwa 15.000 neue Soldaten einstellen zu wollen, 4000 davon im zivilen Bereich. Ich habe schon erwähnt, dass es bei Jugendlichen so etwas wie eine abstrakte und etwas diffuse Ablehnung von Kriegen gibt. So vage das auch sein mag, das ist natürlich ein Anknüpfungspunkt für uns. Es muss darum gehen, diese Ablehnung in Aktivität umzuwandeln und gegen das „aber ändern kann man ja doch nichts…“ anzugehen.

Die politische Aktionsform, an der sich Jugendliche am ehesten vorstellen können, sich zu beteiligen, ist eine Unterschrift zu leisten. Daher haben wir den ‚Krieg – Nicht in unserem Namen! – Aufruf gemacht, für den wir überall Unterschriften sammeln wollen. Dabei geht es natürlich weniger um die Unterschrift an sich, sondern mehr um das Gespräch.

Neben den Unterschriftenlisten wollen wir eine Social-Media-Kampagne starten. Wir wollen junge Menschen dazu gewinnen, ein Foto mit einem Plakat von sich zu machen oder eben bei uns am Infostand machen zu lassen, auf das sie schrieben, weshalb sie gegen Krieg sind. Auch hier wollen wir eine niedrigschwellige Möglichkeit bieten, aktiv zu werden und mit uns in Diskussionen zu kommen. Bei dem Gespräch können wir dann z.B. weitergehende Angebote machen. Eines davon sind die „Offenen Antikriegstreffen“. Weil die Treffen und Aktionen der Friedensbewegung vielerorts für Jugendliche nicht besonders attraktiv sind, wollen wir damit eine Möglichkeit schaffen, sehr unverbindlich und ohne große Vorbedingungen, sich zu irgendetwas zu bekennen, selbst aktiv zu werden. Es geht uns bei den Offenen Anti-Kriegstreffen vor allem darum, unorganisierten Jugendlichen, die etwas gegen Krieg tun wollen, ein Angebot zu schaffen In Kassel hat sich beispielsweise zu so ein Offenes Treffen bereits auf Initiative der SDAJ gegründet. In dem Fall sind das vor allem SchülerInnen aus dem weiteren Umfeld der SDAJ, die bisher vielleicht bei einer Veranstaltung waren, aber für die die SDAJ selbst offenbar erstmal keine Option war sich zu organisieren. Was dann als Offenes Schülertreffen begann, wurde auf Wunsch der Beteiligten selbst in ein Offenes Treffen unter dem Motto „Schüler gegen Krieg“ umgewandelt. Eine erste Störaktion gegen einen Bundeswehrauftritt wurde bereits gemeinsam mit der SDAJ-Gruppe durchgeführt, weitere Aktionen sind in Planung – immer mit dem Fokus die Krieg als wichtigste Fluchtursache zu brandmarken und die Diskrepanz zwischen Rüstungs- und Bildungsausgaben zu thematisieren.

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