Tausende
Menschen sind im ersten Halbjahr 2015 beim Versuch gestorben, über das
Mittelmeer nach Europa zu gelangen bei dem Versuch Armut, Verfolgung oder Krieg
zu entkommen. Diejenigen, die es nach Deutschland schaffen, werden in
Turnhallen und Zeltstädten untergebracht. Menschenrechtsorganisationen berichten
von katastrophalen Zuständen dort: Kaum medizinische Versorgung, schlechte
Hygiene und zu wenig Nahrung. Schaut man sich Bilder dieser Unterbringungen an,
denkt man an Krisengebiete.
Seit zwei
Tagen wird am Münchner Hauptbahnhof sichtbar, was längst schon Realität ist.
Tausende Flüchtlinge treffen mit Zügen aus Ungarn und Österreich ein. Für alle
Augen sichtbar, nicht mehr wie bisher als Einzelne in der anonymen Masse
strömen sie aus den Zügen in die Großstadt. Die Münchner Bevölkerung reagiert
mit enormer Hilfsbereitschaft; Essensausgaben und Willkommensgesten werden
organisiert. Auch in Berlin warten 1.000 Flüchtende derzeit auf ihre
Registrierung.) Einige schlafen seit zwei Wochen draußen auf dem Boden vor dem
Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo). BerlinerInnen organisieren
Nahrungsmittel, medizinische Versorgung und Freizeitprogramm für Kinder und
Jugendliche. Es ist gut und wichtig, dass so viele Menschen helfen.
Es ist beeindruckend wie viele sich real für eine Willkommenskultur einsetzen, eine Willkommenskultur, die bei PolitikerInnen in der Regel nur leere Phrase ist.
Es ist beeindruckend wie viele sich real für eine Willkommenskultur einsetzen, eine Willkommenskultur, die bei PolitikerInnen in der Regel nur leere Phrase ist.
Flüchtende
werden in Turnhallen untergebracht, während in Städten ganze Stadtteile leer
stehen. Während am Münchner Hauptbahnhof ein Ausnahmezustand mit chaotisch
selbstorganisierter Solidarität zugelassen wird, um tausende Flüchtlinge mit
den scheinbar letzten Mitteln und privaten Spenden zu versorgen, erwartet die
Großstadt in wenigen Wochen über sechs Millionen Gäste zum Oktoberfest. Für das
Oktoberfest werden viele öffentliche Gelder ausgegeben und hohe private Gewinne
eingefahren. Für die ankommenden Flüchtlinge ist das nicht der Fall. Sie sind
auf die unentgeltliche Hilfe Ehrenamtlicher angewiesen. Sogar die Münchner
Polizei und die Stadt haben zur freiwilligen Hilfe aufgerufen. Das jedoch nimmt
diesen Staat nicht aus der Verantwortung sich um diese gesellschaftliche
Aufgabe zu kümmern.
In
Ingolstadt wird auf Betreiben der bayerischen CSU-Regierung stattdessen ein
Lager gebaut, in dem ausschließlich Menschen aus Südosteuropa untergebracht
werden sollen. Weil sie „Wirtschaftsflüchtlinge“ aus dem Ostbalkan seien, also
vor Armut und Hunger fliehen, hätten sie kein Recht in Deutschland zu sein. Die
Einrichtung ist so konzipiert, dass der Abschiebeprozess innerhalb eines Monats
vonstatten geht. Bund und Länder drücken sich davor, den Kommunen zu helfen
ausreichend qualifiziertes Personal für die Betreuung und Versorgung der
Flüchtenden einzustellen. Stattdessen wird billigend in Kauf genommen, dass
sich viele ehrlich helfende Hände freiwillig und ehrenamtlich aufreiben um
Hilfe zu leisten. Aus Sicht der Herrschenden sind traumatisierte,
kriegsgeschädigte und fluchtgezeichnete Menschen es wohl nicht wert von
entlohnten ausgebildeten Fachkräften betreut zu werden.
Niemand
flüchtet freiwillig!
Das
Vorurteil des „Wirtschaftsflüchtlings“ ist noch immer tief verankert;
hartnäckig hält sich das Gerücht, Flüchtlinge bekämen bis zu 8.000 Euro bei
ihrer Ankunft in Deutschland. Die Realität sieht anders aus: Flüchtlinge leben
in Deutschland meist unter unzureichenden Bedingungen auf engstem Raum, dürfen
sich nicht frei bewegen, und ihnen wird verboten zu arbeiten. Ob sie wollen
oder nicht, sie sind auf mickrige staatliche Unterstützung angewiesen und haben
kein Chance sich eine Perspektive aufzubauen. Hinzu kommt die permanente Angst,
abgeschoben zu werden.
Es gibt
viele Gründe für Flucht: Armut, Krieg, Hunger, Vertreibung, politische
Verfolgung, Unzufriedenheit. Flüchtenden zu unterstellen, sie kämen nur aufgrund
der „Anreize“ deutscher Sozialpolitik nach Deutschland, sie kämen um sich hier
ein laues Leben zu ermöglichen, ist pure Ignoranz und Hetze. Flüchtlinge
riskieren bei einer Fahrt übers Mittelmeer ihr Leben, ebenso wie in einem LKW
durch Osteuropa. Sie wissen, dass ihre Familie beim Versuch die mazedonische
Grenze zu überqueren zerrissen werden kann. Warum würden sie bis zu 10.000 Euro
für Schlepper bezahlen, wenn sie in Deutschland weniger als 9 Euro pro Tag
bekommen? Flucht hat nichts mit vermeintlichen deutschen „Anreizen“ zu tun,
Flucht bedeutet zu überleben!
Doch in
Deutschland steigt die Zahl rechter Übergriffe: 2012 gab es offiziell 24
rechts-motivierte Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte, 2014 waren es 162
rechte Angriffe. Im ersten Halbjahr 2015 waren es 175 – Körperverletzung,
Brandstiftung und sogar Schüsse auf Flüchtlingsunterkünfte in Leipzig und
Bochum. Demonstrationen und Veranstaltungen von FlüchtlingsunterstützerInnen,
wie zuletzt in Heidenau, werden kriminalisiert.
Schuld
haben die Herrschenden, nicht die Flüchtlinge
„Wir sind
hier, weil ihr unsere Länder zerstört“. Dieser Satz ist auf den Plakaten
protestierender Flüchtlinge zu lesen. Und damit haben sie Recht: Dass die
Außenpolitik Deutschlands und der anderen NATO-Staaten zu den Umständen in den
Heimatländern der Flüchtlinge beiträgt, wird deutlich, wenn in Ländern wie
Syrien oder dem ehemaligen Jugoslawien imperialistischen Mächte unter dem
Deckmantel von „Demokratisierung und Friedenseinsätzen“ das politische System
nach den Interessen der Banken und Konzerne umwälzen – wenn nötig mit
militärischen Mitteln. Dass es dabei nicht um Demokratie oder die Verteidigung
von Menschenrechten geht, wird schnell klar. Es geht um Einflusssphären für
deutsche Politik und Unternehmen, um Absatzmärkte und Rohstoffe,
geostrategische Interessen, um billige Arbeitskräfte. Sie hinterlassen Armut
und Krieg in den betroffenen Ländern und schaffen schließlich auch die
Bedingungen für andauernde Gewalt. Mit einer Verschärfung von nationalen
Konflikten nimmt natürlich auch die politische Verfolgung zu.
Hier hat Deutschland seine Finger tief mit drin. Die genehmigten Waffenexporte der Bundesregierung, haben im ersten Halbjahr 2015 bereits den Wert des gesamten Vorjahres erreicht. Diese Waffen werden unter anderem nach Saudi Arabien und die Türkei geliefert – Länder die unter anderem den IS direkt ausstatten.
Hier hat Deutschland seine Finger tief mit drin. Die genehmigten Waffenexporte der Bundesregierung, haben im ersten Halbjahr 2015 bereits den Wert des gesamten Vorjahres erreicht. Diese Waffen werden unter anderem nach Saudi Arabien und die Türkei geliefert – Länder die unter anderem den IS direkt ausstatten.
Schuld
haben die Herrschenden, nicht die Flüchtlinge. Wenn die Rente gekürzt wird,
immer unsicherere Arbeitsverhältnisse herrschen, Kommunen pleite sind, wenn
immer mehr Jobs gestrichen werden, dann ist das eine Folge der Politik der
Herrschenden und nicht die Schuld von flüchtenden Menschen. Diese aber werden
als Schuldige dargestellt: Der Ausländer, die Islamisierung, die Flüchtlinge.
Es ist die Angst, nichts mehr vom immer kleiner werdenden Kuchen abzubekommen.
Deswegen sollen wir die Ellenbogen ausfahren und im schlimmsten Fall auch dem Brandanschlag Beifall klatschen. Doch nur Neonazis verantwortlich zu machen greift zu kurz. Es ist die unsoziale Politik der Bundesregierung, die den Boden dafür bereitet. Es sind die deutschen Banken und Konzerne, für deren Wirtschaftsinteressen Krieg geführt wird und die von Billiglöhnen in Deutschland und anderswo profitieren. Es ist ihre menschenverachtende Flüchtlingspolitik, die abgelegene und schmutzige Asylbewerberheime erst möglich machen.
Deswegen sollen wir die Ellenbogen ausfahren und im schlimmsten Fall auch dem Brandanschlag Beifall klatschen. Doch nur Neonazis verantwortlich zu machen greift zu kurz. Es ist die unsoziale Politik der Bundesregierung, die den Boden dafür bereitet. Es sind die deutschen Banken und Konzerne, für deren Wirtschaftsinteressen Krieg geführt wird und die von Billiglöhnen in Deutschland und anderswo profitieren. Es ist ihre menschenverachtende Flüchtlingspolitik, die abgelegene und schmutzige Asylbewerberheime erst möglich machen.
Die
Situation wird sich nur ändern, wenn wir auch die Fluchtursachen bekämpfen.
Ohne den Stopp von Auslandseinsätzen und Waffenexporten wird sich langfristig
nichts ändern. Aber wir wissen um den Reichtum, den dieses Land hütet. Vor
wenigen Jahren wurden über Nacht Milliarden zur Rettung von „systemrelevanten
Banken“ bereitgestellt. Für Menschlichkeit und Solidarität fehlt dieses Geld
bisher.
Wir fordern deswegen:
·
Sofortige
Bereitstellung von Not-Geldern für die Kommunen zur pädagogischen,
psychologischen und sozialen Betreuung von Flüchtenden sowie koordinierte
personelle Aufstockung der Fachkräfte!
·
Die sofortige
Eingliederung von flüchtenden Kindern in den Schulunterricht mit entsprechender
Unterstützung, menschenwürdige und dezentrale Unterbringung der Flüchtenden in
Wohnungen und die Gewährleistung von medizinischer Versorgung!
·
Konsequente Aufklärung
der Anschläge auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte, konsequente Bestrafung der
Täter. Verbot aller rassistischen und faschistischen Organisationen!
·
Aussetzung des Dublin
Abkommens, Öffnung der Grenzen und damit die sofortige Legalisierung von
Fluchtwegen. Sofortiges Ende der Kategorie von angeblich sicheren
Herkunftsländer. Bleiberecht für alle!
·
Sofortiger Abzug der
Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen!
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